Modellsportverein Langenau e.V.

Fahrwerksteile im Eigenbau
Für alle, die gerne Eigenbau praktizieren, oder darüber lesen, habe ich wieder einige Zeilen zum Thema verfasst. Diesmal handelt es sich um Fahrwerke bzw. deren Komponenten.
Wie bei allen von mir veröffentlichten Berichten ist auch hier die Devise:
Der Selbstbau stellt eine preisgünstige Alternative zu den am Markt befindlichen Produkten
dar, erhebt jedoch nicht den Anspruch sich mit „high-end Teilen“ zu vergleichen.

Einfahrmechanik:
Es gibt verschiedene Konzepte und Ausführungen von Mechaniken, allesamt in
Funktion und Aufbau keine unbekannten oder unnachahmlichen Wunderwerke. Für meine Eigenbauten entschied ich mich wegen des selbsttätigen Ausfahrens bei Druckverlust, sowie
der Einfachheit der Bauteile für ein Einkreis-System. Zylinder und Kolben müssen nur einseitig abgedichtet sein und lassen sich leicht selbst herstellen. Die Schlauchnippel habe ich inzwischen überall gegen Schnellverbinder für das 3mm Schlauchsystem von Festo getauscht.
Die weit verbreiteten Fahrwerke eines italienischen Herstellers gaben in einem meiner Modelle Anlass zur Verbesserung, da immer die Verbindung der Schwenkkulisse zum Federbein, oder das Mechanikgehäuse versagten. Bei gegebenem Bauraum wollte ich die Schwenkkulisse verbreitern und das Gehäuse stabiler gestalten, was dazu führte, dass die Wandstärken im Gehäuse dünner sein mussten.

Gehäuse:
Mit einer einfachen Laminierform, einem rechteckigen Block aus POM für die Innenkontur, sowie zwei Aluwinkelleisten für die Außenkontur war das in CFK-Bauweise kein Problem. Für den Anschluss des Zylinders war jedoch ein Feingewinde vorgesehen, welches im Laminierverfahren nicht realisierbar schien. Aus Stahl drehte ich also ein Gewindestück und lötete dies an einen Blechwinkel. Beides zusammen wurde auf den Block geklemmt und mit einlaminiert. Zur Vorgehensweise: Der vorbereitete Block wird mit einem Tropfen Sekundenkleber auf einen glatten Untergrund geheftet. Von den Originalgehäusen wird je eines circa 80-100mm vor,  bzw hinter den Block in genauer Flucht fixiert. Diese Originalgehäuse fungieren hier  nur als Schablone. Bei  Erreichen der entsprechenden Schichtstärke des Laminats auf dem Block, sowie dem Untergrund werden die Aluleisten mittels Schraubzwingen an die Originalgehäuse befestigt. So ergibt sich eine maßhaltige und glatte Oberfläche. Nach dem Aushärten entfernt man die Aluleisten und trennt mit leichten Hammerschlägen das Modell vom Untergrund. Den Block muss man mittels eines vorher gebohrten Innengewindes und einer Schraube gewaltsam ausziehen, da keine Entformchrägen vorgesehen sind. Nach dem Verputzen und Abbohren ist das Gehäuse einsatzbereit. Ergebnis: Ein schnell zu reproduzierendes Bauteil das in der Festigkeit unschlagbar ist, aber weniger wiegt als ein vergleichbares Aluteil.

Schwenkkulisse:
Der Übergang Schwenkkulisse zum Federbein ist bei nahezu allen Fahrwerken als Stiftverbindung mit mehr oder weniger gutem Klemmsystem ausgelegt. Die mitgelieferten Stifte sind oft von minderer Qualität, was die Härte und Elastizität angeht. Die besten Erfahrungen habe ich mit geschliffenen Zylinderstiften  ISO 8734 Typ A gemacht. Hat man nur eine auf den Stift wirkende Schraube zur Klemmung vorgesehen, tut man gut daran am Zylinderstift eine Flachstelle anzuschleifen und beim Zusammenbau alle Teile mit Locktite  zu sichern. Mit ausreichender Wärmezufuhr ist diese Verbindung wieder lösbar. Besser sind natürlich Klemmsysteme, bei denen das Mutterteil geschlitzt ist und durch eine Querschraube gesichert wird. Die Flächenpressung sorgt hier für ausreichend Halt. Im Fall meines oben genannten Probanten ging ich einen anderen Weg: eine Verbindung die nicht existiert, kann nicht versagen dachte ich mir und baute Schwenkkulisse und Federbein aus einem Stück. So konnte ich Beinstärke und –länge, vor allem aber den Federweg optimal realisieren. Zur Ausführung brauchte ich nur eine Drehmaschine. Alle anderen Arbeiten wurden mit Bügelsäge und Feile erledigt. Herausforderung hierbei war das genaue Abbohren des Drehpunktes mit dem Gehäuse, sowie das Herantasten beim Feilen der Kulissenkontur und der Endanschlagpunkte, damit ein sicheres Verriegeln bei guter Spielfreiheit gelang.

Federbeine:
Bei käuflichen Fahrwerken ist mir schon oft aufgefallen, daß die Federwege viel zu klein
und die Federn zu hart dimensioniert sind. Bei der Auslegung meiner Federbeine habe ich mich am Modellgewicht orientiert und einen Federweg vorgesehen, der knapp dem halben Raddurchmesser entspricht. Wenn das Modell vollgetankt dasteht tauchen die Standbeine bereits ein Drittel ihres Weges ein. Dies hat sich als gute Wahl erwiesen. Einen Dämpfungseffekt erreicht man mit einer zähen, silikonartigen Paste zwischen den ineinanderlaufenden Teleskopteilen. Bei einem Fahrwerksbein mit geschleptem Rad kam auch schon ein kleiner Öldruckdämpfer aus dem RC-Car zum Einsatz. Schraubenfedern kann man aus Federdraht mit einer Kurbel selbst wickeln, oder man sucht im Internet bei den einschlägigen Herstellern. Oft ist dort eine Berechnungsmöglichkeit installiert, oder gibt es Tabellen zur Auswahl nach den jeweiligen Gegebenheiten. Bei den Standbeinen verwendete ich Baumarktprofile aus Alu mit eloxierter Oberfläche oder Stahlrohr. Zur Fixierung der Radachse wurden Schlitze eingesägt und  Klemmschrauben verwendet.

Räder:
Räder im passenden Durchmesser mit guter Lagerung und geringem Gewicht fertige ich mir
seit Jahren nach demselben Schema: Ein Drehmeisel zum Einstechen der Reifennut, ein weiterer zum Einstechen in die Planseite, außerdem zwei Halbschalen aus Holz oder Kunststoff  zur späteren Aufnahme im Backenfutter sind alles was man braucht. Die Felge entsteht aus einem Stück und wird von hinten Ausgedreht. Es bleibt im Zentrum ein Zapfen in ausreichender Stärke stehen, in den man nach dem Ausbohren ein Gleit- oder Kugellager einpressen kann. Alle Übergänge haben Radien, die bereits an oben erwähnte Werkzeuge angeschliffen sind. Nach dem Abstechen wird umgespannt und auf der Vorderseite das Felgendesign angedreht. Danach gibt ein einfaches Lochbild mit deutlichen Ansenkungen dem Ganzen ein „Gesicht“.  Eine Bohrschablone aus Stahl (für Kleinserien), aber auch ein einfacher Computerausdruck des Bohrbildes aufgeklebt, erleichtert das Positionieren.

Reifen:
Es gibt meherere Möglichkeiten bei der Wahl der Pneus: Vollgummi, Hohlkammer,
oder geschäumte Teile. Letztere haben sich bei mir bewährt, da man von den Maßen her völlig frei agieren kann und es praktisch keine leichtere Alternative gibt. Diese Moosgummi
oder Zellkautschuk genannten Materialien gibt es als Platten und lassen sich hervorragend
zuschneiden und mitsamt der Felge auf  Kontur schleifen oder drehen. Mit Sekundenkleber kann man sie zueinander verkleben, auf der Felge halten sie am besten mit Kontaktkleber. Zwei Nachteile will ich hier aber nicht verschweigen: Diese Reifen bekommen schnell „Standplatten“ und sind auf Hartpisten sehr schnell „abgefahren“.

Achsen:
Die weiter oben im Bericht schon beschriebenen Passstifte nehme ich auch als Achsen für meine Räder. Sie sind gehärtet, präzise geschliffen und ergeben in Verbindung mit POM, PE, PA, oder PTFE als Gleitlager eine gute Paarung. Will man Kugellager verwenden muss man mit einem leichten Übermaß zum Innenring des Lagers leben, oder ein hundertstel Millimeter abschmirgeln. Als axialen Anschlag für die Felgenaußenseite schweiße ich mir eine Unterlegscheibe auf  das Stiftende und verrunde diese zu einer Linse.

Bremsen:
Am Einfachsten zu fertigen ist sicherlich die gute alte Schlauchbremse. Sie ist auch bei der hier beschriebenen Radbauweise eine platzsparende Möglichkeit, da sie in die ausgedrehte Felge eintauchen kann. Im Erprobungsstadium befindet sich derzeit eine Axialkolbenbremse, die ebenfalls mit Druckluft arbeitet. An drei Stiften gegen Verdrehen geführt wird hier ein mit Gummi belegter Kolben gegen eine eingesezte Scheibe in der Felge gedrückt. Innen und außen wird der Kolben über O-Ringe abgedichtet. Planseitig sind Messing-gleitringe sowie eine Zahnscheibe als Rückholfeder verbaut. Diese Auslegung ist etwas aufwändiger, braucht aber sehr wenig Luft und einen geringen „Wirkdurchmesser“.

Druckluftsteuerung:
Elektronische Ventile haben zugegebenermaßen viele Vorteile – außer den Preis.
Dabei ist es ganz einfach ein mechanisches Ventil zu fertigen. Mit einem kleinen Servo
angetrieben ist es sehr betriebssicher und in der Lage den Druck im eingefahrenen Fahrwerk
tagelang zu halten.  In ein Kunststoff - oder Aluteil wird eine Passbohrung
zB. 6H7 und quer dazu zwei 1mm Bohrungen im Abstand von 12mm gesetzt. Die Übergänge der Längs- und Querbohrungen müssen sehr sauber und gratfrei sein. Entsprechende Schlauchnippel werden über den Querbohrungen eingeschraubt. Ein Kolben aus Rundmaterial, 5mm Durchmesser bekommt zwei Nuten mit Abstand 15mm und entsprechende O-Ringe. Durch Anpassen der Nutdurchmesser stimmt man Leichtgängigkeit und Dichtigkeit ab. Etwas Armaturenfett oder dickflüssiges Silikonöl hilft dabei. Ein Ende des Kolbens wird flach gefeilt und mit einer Bohrung für den Gabelkopf versehen.
Zwei Tipps zum Schluß: Wenn man eine Spritzkanüle 0,25 X 55mm an ihrem Kunststoffteil so beschneidet, dass man sie in einen 3mm Schlauch einschieben kann, diesen in die Zuleitung vom Drucklufttank zum Steuerventil legt, fährt das Fahrwerk schön langsam ein. Beim Entlüften fährt es schnell wieder aus und die Fahrwerksmechanik geht sicher in den verriegelten Zustand. Als Bremsschläuche haben sich die „Scoubidous“ (Armbänder zum Knüpfen) von meiner Tochter bewährt.

Ich hoffe die eine oder andere Anregung gegeben zu haben. Bei Fragen zu Einzelheiten
kann man mich per Mail über Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! erreichen.
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